7.1.2. Kontinuierliche Prozesse, wie sie großtechnisch durchgeführt werden
Soll großtechnisch ein Produkt im Maßstab von mehreren Tonnen hergestellt werden, möchte man die bei Chargenprozessen anfallenden Totzeiten des Reaktors, in denen er entleert und wieder neu befüllt wird, vermeiden. Deshalb werden die Reaktionen
kontinuierlich geführt, wobei fortlaufend die Edukte in das Reaktionsgefäß zugegeben und die Produkte entnommen werden. Strömungsrohre zeigen das gleiche kinetische Verhalten wie Chargenprozessen und erzeugen damit auch das gleiche Produktverhältnis.
Sie werden allerdings nur selten eingesetzt, da sie durch ihre Trägheit bei der Erkennung von Konzentrationsabweichungen schlecht zu regeln sind. Andere kontinuierlich betriebene Reaktortypen sind der kontinuierliche, ideale Rührkessel (KIK) und die
Rührkesselkaskade (siehe 6.7.1).
7.1.2.1. Estersynthese mit gleichzeitiger Extraktion
Im folgenden wird ein kontinuierlicher Rührkessel mit einer wäßrigen und einer organischen Phase vorgestellt, in dem aus kontinuierlich zugeführtem Ethanol und Essigsäure Essigester synthetisiert und gleichzeitig in die organische Phase
extrahiert wird. Die Ausgangsmaterialien werden dabei in die wäßrige Phase zugegeben, in der die Reaktion der Estersynthese abläuft. Die nicht mischbare, organische Phase, in der keine Reaktionen stattfinden, wird mit dem größten Teil
des Essigesters kontinuierlich entnommen. (Siehe Abbildung 146). Die Volumina der beiden Phasen betragen je 5 Liter. Pro Sekunde fließen 5 ml Lösungsmittel zu jeder Phase zu und auch wieder ab, wobei im Zufluß
der wäßrigen Phase pro Sekunde 2 mmol Essigsäure und 2.2 mmol Ethanol zugehen. Zu Beginn der Simulation ist der Reaktor mit reinen Lösungsmitteln gefüllt, d.h. alle Anfangskonzentrationen sind null.

Abbildung 146: Reaktor mit zwei Phasen für die kontinuierliche Synthese von Essigester.
Das Beispiel der kontinuierlichen Synthese von Essigester soll nur dazu dienen, zu zeigen, daß mit EROS7 solche Berechnungen durchgeführt werden können, weshalb für die einzelnen Geschwindigkeitskonstanten Werte angenommen wurden und keine
experimentellen Werte verwendet wurden. Die Geschwindigkeitskonstanten wurden mit 0.05 l/(s·mol) für die Esterbildung und für die Hydrolyse, die nach pseudoerster Ordnung verläuft, mit 0.002 1/s (gleich k·[H2O]) angenommen. Diese Reaktionen
finden nur in der wäßrigen Phase statt. Für die Diffusionen in die andere Phase wurden die Werte 0.05 mol/((mol/l)·s) in beiden Richtungen für Ethanol und Essigsäure angenommen sowie 0.5 für den Ester von der wäßrigen
in die organische Phase und 0.025 mol/((mol/l)·s) in umgekehrter Richtung. Diese Werte sind in Abbildung 147 zusammengefaßt.

Abbildung 147: Angenommene Geschwindigkeitskonstanten für die Prozesse der kontinuierlichen Essigestersynthese mit gleichzeitiger Extraktion.
In den Regeln werden für die Diffusion die in Abbildung 147 angegebenen Werte geteilt durch das Volumen der Ausgangsphase von fünf Litern (0.01, 0.005 und 0.1 · 1/s) als Reaktivität für die Phasenübergänge
angegeben, da EROS7 die Konzentrationsänderung und nicht den Stoffstrom benötigt. Die Konzentrationsänderung in der Zielphase wird von EROS7 automatisch aus dem Verhältnis der Volumina der Phasen ermittelt.
Die sich ergebenden Konzentrationsverläufe der Substanzen in den beiden Phasen sind in Abbildung 148 gezeigt. Die schwarzen Linien sind die Konzentrationen in der wäßrigen Phase und die grauen die in der organischen.
Die Konzentrationen der Verbindungen im abfließenden Wasser bzw. organischen Lösungsmittel entsprechen denen in den beiden Phasen.

Abbildung 148: Konzentrationsverläufe für die kontinuierliche Bildung von Essigester mit gleichzeitiger Extraktion. Die blauen Kurven sind die Konzentrationen in der wäßrigen und die schwarzen die in der organischen Phase.
Berechnungszeit auf einer SparcStation 10/50 mit 32 MB in Min.:Sek.: 18:29 (Gear)
Die Methoden Runge-Kutta und Runge-Kutta-Merson beendeten ihre
Berechnungen sehr rasch, führen jedoch keine Integration durch.
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