7.1.5. Syntheseplanung
Da bei EROS7 die einzelnen Reaktionsschritte nicht notwendigerweise stöchiometrisch sein müssen, sondern während der Reaktionen auch kleine Moleküle oder Atome ergänzt werden können, eignet sich EROS7 auch zur Syntheseplanung.
Will man alle Ausgangsmaterialien zusammen sehen, aus denen auf einem der möglichen Synthesewege die Zielverbindung aufgebaut wird, eignet sich dazu der Phasenmodus des laminaren Strömungsrohrs", bei dem die Produkte der Reaktionen zusammengehalten
werden. Die Reaktionstypen in den Regeln beschreiben hierbei die retrosynthetischen Schritte.

Abbildung 170: Ausgangsmaterial und Phasen für das folgende Beispiel der Syntheseplanung.
Für das nachfolgende Beispiel wurden als Reaktionstypen die Hydrolyse von Ethern und Estern sowie die Umkehrung der Wittig-Reaktion verwendet. Die Wittig-Reaktion ist eine mehrstufige Reaktion. Um sie für die Syntheseplanung in einer geeigneten Weise
zu kodieren, wurde zunächst die Gesamtreaktionsgleichung über alle Schritte der Wittig-Reaktion bestimmt (siehe Abbildung 171). Die Reagenzien und die Produkte, in denen die abgespaltenen Atome (Carbonylsauerstoff-,
Wasserstoff- und Chloratom) gebunden wurden, sind dabei weggelassen worden. Die Gesamtreaktion stellt also eine Transformation der Ausgangsverbindungen dar, gibt jedoch keine Reagenzien an. Diese können daraus abgeleitet werden, daß es sich um eine
Wittig-Reaktion handelt. Die Umkehrung dieser Gesamtreaktion, die Retro-Wittig-Reaktion, wurde dann als retrosynthetischer Schritt eingesetzt.

Abbildung 171: Ableitung des retrosynthetischen Schritts Retro-Wittig-Reaktion.
Bei der Retro-Wittig-Reaktion wird das Reaktionsensemble um ein Wasserstoff-, ein Chlor- und ein Sauerstoffatom erweitert. Diese werden an die beiden Seiten der gebrochenen Doppelbindung gebunden. Für die Hydrolyse wird während der Reaktion das notwendige
Wassermolekül eingeführt. Das Ergebnis der Anwendung dieser retrosynthetischen Schritte ohne jegliche Bewertung der verschiedenen Wege auf ein Beispielmolekül ist in Abbildung 172 zu sehen.

Abbildung 172: Anwendung der retrosynthetischen Schritte Hydrolyse und Retro-Wittig-Reaktion auf ein Beispielmolekül. Die kleinen Striche unter den rechten beiden Ensembles deuten an, daß diese im Netzwerk schon enthalten sind (nämlich
die linken beiden) und deshalb an dieser Stelle ausgehend von diesen keine Reaktionen gezeichnet sind. Auf der linken Seite (einmal pro Netzwerk) würden weitere retrosynthetische Schritte angeben.
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Mit geeigneten Kriterien für die Bewertungsfunktionen für die retrosynthetischen Schritte kann EROS7 den einzelnen Synthesewegen Güten zuordnen. Wie bei den hier verwendeten retrosynthetischen Schritten zu sehen ist, ist es nicht notwendig, jeden
Teilschritt als vollständige Reaktion im Detail zu formulieren. Bei der Retro-Wittig-Reaktion tritt beispielsweise keinerlei Phosphorverbindung in Erscheinung. Dies läßt sich auch noch weiter bis hin zur Formulierung von Transformationen fortsetzen,
die beispielsweise nur noch das Kohlenstoffgerüst der Verbindung zurücklassen. Hierbei handelt es sich um Techniken, möglichst schnell zu den Ausgangsverbindungen zu gelangen [69].
Will man eine Syntheseplanung durch vorherige Markierung von strategischen Bindungen vornehmen [69], findet diese während der Vorbehandlung des Eduktensembles statt. Hier werden auch die Vorstufen von der weiteren
Syntheseplanung ausgeschlossen, von denen man durch einen Blick in eine Datenbank herausgefunden hat, daß sie käuflich sind.
Für eine aufwendigere Syntheseplanung mit EROS7 eignet sich jedoch der Phasenmodus monomolekularer" besser, da hier die schon gefundenen Ausgangssubstanzen nicht bei jedem Schritt von einer weiteren Anwendung der retrosynthetischen Schritte ausgeschlossen
werden müssen.
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